Bei einem Stadtbummel entdeckte ich einen Laden mit gebrauchten Kleidungsstücken. Es war kein beliebiger Second-hand-Shop. Vielmehr entpuppte sich hier ein wahrhaft enthusiastischer Sammler: Schuhe in allen Variationen, sortiert nach Farben und Absatzhöhe; ausgefallene Hüte, an Wände gehängt und auf Ständer gestapelt; Tücher, Gürtel und andere Accessoires in Kästen und Nähschränkchen, Kleiderteile quollen aus Schubläden alter Kommoden und aus Vitrinen oder waren nach Farben, Mode und Stil sortiert. Ein ganzes Schaufenster war nur mit roten Taschen drapiert. Das sah so lustig aus, dass ich es fotografieren musste.
An meine erste Tasche erinnere ich mich noch: eine kleine lederne, braune Umhängetasche mit einem Schnallenverschluss. Ich bekam sie zur Einschulung. Sie war für das Pausenbrot gedacht. Stolz trug ich sie einige Jahre. Auch den ledernen Schulranzen schleppte ich sechs Jahre lang auf dem Rücken. Dann gab es eine größere Schultasche, die sich zur Aktentasche umfunktionieren ließ, wenn ich die Schulterriemen entfernte. Man stelle sich vor, wie sparsam und umweltfreundlich wir früher aus Mangel an überflüssigem Geld waren. Und die Sachen hielten tatsächlich lange. Ab und zu wurde eine geplatzte Naht zugenäht oder eine Schnalle erneuert.
Wie lange kann eine Schultasche heute getragen werden?
Ich erinnere mich auch an die Taschen meiner Mutter und Großmutter. Sie hatten Ausgehtaschen, Handtaschen mit Schnippverschluss, kleine bestickte Taschen ohne Henkel, Beutel zum Zuziehen mit Trottelchen an den Enden der Bänder, gemusterte Schminktaschen mit Reißverschluss und interessantem Inhalt, Etuis für Nägelpflege, für Reise-nähzeug, Taschen aus Leder, Samt, Velours oder bunten Stoffen. Aus Stoffresten wurden zu manchen Kleidern passende Täschchen für die Taschen-tücher genäht.
Natürlich wurde es nicht gern gesehen, wenn wir Kinder in den Taschen herumwühlten. Doch was kam da nicht alles zum Vorschein! Spuren des Lebens: Fahrkarten, Kämme, Puderdosen, Bonbons, Proben, Taschenpiegel, Lippenstifte und Kinokarten... Solche Sachen hatten wir Kinder nicht in der Tasche.
Kein Erwachsener kam auf die Idee, uns Taschen zum Spielen zu überlassen. Heute ist das anders. Meine Enkelkinder stürzen sich auf die altmodischen Taschen, die ich für sie aufhob. Sie funktionieren sie um, schreiben in Notizbüchlein, die sie darin verschwinden lassen, führen imaginäre Handygespräche, schlüpfen in Rollen, sortieren, schütten, kaufen in ausgedachten Geschäften, brauchen Geldbörsen für Geldstücke, zählen und wechseln das Geld. Sie stopfen hinein, ziehen heraus, sammeln, horten und finden immer, was sie brauchen.
Ich finde in meiner Tasche nie etwas. Aber manchmal fällt mir etwas in die Hände, das ich schon fast vergessen hatte. Kennen Sie das auch?
Dagmar Arzenbacher
PS: Im Berliner Botanischen Garten wächst der Taschentuchbaum. Er musste natürlich auch ein Foto bekommen.
www.tassenmuseum.nl
Im Handtaschenmuseum in Amsterdam sind Taschen und Geldbörsen aus aller Welt zu sehen. Um einen Einblick in die Trends der Epochen zu vermitteln, werden einige Exemplare auch online gezeigt. Durchklicken über > The collection.
www.berlinbag.com
Für Individualisten gibt es bei »Berlinbag« die Möglichkeit, sich mit eigenen Ideen und Fotos ganz besondere Taschen zu designen. Ähnliches, nur auf »edlerem« Niveau, gibt es auch bei www.pursenal.de. Dort werden Handtaschen nach Kundenwünschen per Hand genäht.
Kontakt:
Dagmar Arzenbacher Schuppen 9
Fortbildungsstätte für Erzieherinnen
Bahnhofstr. 37a · 12207 Berlin
Tel.: 030/772 15 30
E-Mail:
Internet: www.schuppen-9.com