Es ist das Schicksal vieler Hasenbücher, dass ihnen ein Osterbezug unterstellt wird, den sie mitunter gar nicht haben. Nur weil »Hase« draufsteht, muss noch lange nicht »Ostern« drinstecken. Zwar kann man diese Bücher gern auch zur Osterzeit ins Nest legen, doch sollten sie ganzjährig die Beachtung erfahren, die ihnen zusteht – als Vorlesebücher, Erzählbücher, Bücher über das Fühlen und manchmal ganz einfach auch nur als Lieblingsbuch! – Ein kleines Plädoyer für Hasen (und Kaninchen) im Bilderbuch …
Hasentage
Nostalgie pur und ein augenzwinkerndes Plädoyer für einen herrlich autonomen Kindertag finden wir in Daphne Louters »Hasentage«. Kissenschlacht beim gemeinsamen Aufstehen, Milchschaumblubbern beim Frühstück, verkleiden, draußen spielen, drinnen spielen, Picknick, Unordnung, fernsehen, lesen, kuscheln – zwölf quadratische Farbtableaus geben kleinen und großen Bilderbuchbetrachtern einen Einblick in einen friedlichen und dabei keinesfalls langweiligen Tag, den zwei Hasengeschwister anscheinend ganz allein verbringen. Erwachsene Hasen suchen wir vergeblich, doch obwohl sie in keinem Bild zu sehen sind, ist doch ihre Präsenz zu spüren. Die Hasenkinder wirken nicht allein gelassen, sondern gut versorgt, so dass sie sich ganz ihrer Kreativität und ihrem Spiel hingeben können. Daphne Louters Buch erzählt aber nicht einfach eine Geschichte, sondern unendlich viele.
Obwohl man bei ihren nostalgisch anmutenden Bildern nicht als erstes an ein Wimmelbuch denkt, merkt man bei näherem Hinsehen, dass sich unendlich viele liebevolle und verspielte Details in jeder Szene verbergen. Dabei ist der Aufbau des Buchs auf den ersten Blick eher einfach und damit schon gut für die Allerkleinsten geeignet: Der stets sorgsam ausgestalteten und farbenfrohen rechten Seite steht links eine farbharmonische, fast leere Seite gegenüber, die nur einen einzigen Gegenstand abbildet. Dass man diesen im rechten Bild wiederfinden kann, ist schnell klar – aber darüber hinaus taucht er auch auf der nachfolgenden Seite wieder auf. Ein ungesagter Suchauftrag, der zum genauen Hinschauen und Weiterblättern einlädt.
Und dann kann hier erzählt werden! Was machen die Hasenkinder auf den Bildern? Und was verbirgt sich wohl in den Ecken, die wir gerade nicht sehen? Was findet etwa einer der beiden Hasen unter dem Teppich? Und was ist in der Kiste auf dem Speicher? Was bringt sie so zum Lachen, als sie in einem Chaos aus Spielsachen sitzen und zum rechten Bildrand schauen? Der Lichtschein suggeriert einen Fernseher – aber könnte da auch etwas anderes sein?
Daphne Louter hat alle ihre Bilder so geschickt komponiert, dass sie auch nach mehrfachem Hinsehen noch manches Geheimnis bergen, das sich im Kita-Alltag oder zu Hause als Erzählimpuls anbietet. Ganz klar ein Lieblingsbilderbuch zum Mitwachsen, das einfach nicht langweilig wird! Praxistipp: Regen Sie Kinder in der Gruppe dazu an, nicht nur das zu beschreiben, was sie auf den Bildern sehen, sondern auch das, was eben nicht zu sehen ist: Wer hat den Hasenkindern Frühstück gemacht? Was passiert nach dem Spielen im Wohnzimmer? Räumen die kleinen Hasen wohl wieder auf? Was für Bücher gucken sie sich vor dem Einschlafen an? Was könnte wohl das Lieblingsbuch eines Hasenkindes sein? Wir sehen auf der ersten Seite ein anderes Schlafzimmer als auf der letzten Seite – in welchem würden sich die Kinder wohler fühlen? Und warum? Als Erzählbuch ist dieses Hasenbuch
einfach unschlagbar!
Den vollständigen Beitrag und weitere Artikel zum Thema können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 03-04/19 lesen.