Kinderkunst aus aller Welt: Großbritannien
Auf unserer Reise zu Kinderkunst aus aller Welt hören wir dieses Mal die Stimme des Kunstpädagogen Pete Moorhouse aus Großbritannien. Seit vielen Jahren arbeitet er voller Elan mit Kindern ab drei Jahren – am liebsten mit Holz. Unsere Autorin Sibylle Haas interessierte, von ihm zu erfahren, wie man diese Arbeit in der Kita beginnen kann, welches Material und Werkzeug sich eignet und was zum Thema Sicherheit bedacht werden sollte.
Das zunehmende Interesse an Holzarbeiten im Kindergartenalter zeige sich unmittelbar am steigenden Umsatz von Firmen für kindgerechte Werkbänke und Werkzeug, bilanziert der britische Kunstpädagoge Pete Moorhouse, als ich ihn kürzlich auf einer Konferenz traf. Die Vorstellung, dass Kinder ab drei Jahren mit Säge, Bohrer und Hammer hantieren, überrasche und ängstige zugleich – nicht nur Eltern, sondern auch pädagogische Fachkräfte. Professionell eingeführt sei das Risiko sich bei Holzarbeiten zu verletzen jedoch gering: »Wir arbeiten seit vielen Jahren ohne nennenswerte Zwischenfälle erfolgreich mit Kindern im Vorschulalter. Spätestens wenn wir die Konzentration und das Engagement, die Begeisterung und den Stolz der Kinder über ihre Werke erleben, wissen wir, dass sich der Aufwand Holzwerkstätten einzurichten und in Werkzeug und Material zu investieren mehr als auszahlt.«
Mit Holz zu arbeiten sei etwas Besonderes, sagt Pete Moorhouse. Es unterscheide sich sehr von anderen Aktivitäten. Holz riechen und fühlen, echte Werkzeuge benutzen, mit einem natürlichen Material arbeiten und das Geräusch vom Hämmern und Sägen hören, bewirke, dass Hände und Köpfe und alle Sinne zusammenarbeiten. Ideen ausdrücken und Probleme lösen, Einsatz von Kraft und Koordination: All das zusammen fessele das Interesse junger Kinder.
In eine Werkstatt zu kommen und die Geräusche von Kindern zu hören, die hämmern und sägen, beglücke auch Erwachsene. BesucherInnen sind beeindruckt über das hohe Maß an Konzentration und Begeisterung und regelmäßig überrascht, dass die Kinder auch nach ein oder zwei Stunden noch konzentriert an ihren Werken arbeiten. Manchmal verbrächten Kinder den ganzen Vormittag an der Werkbank. Von außen betrachtet sähen wir zunächst, wie Kinder mit ihren Händen arbeiten, Modelle konstruieren und Projekte entwickeln. Die eigentliche Veränderung aber geschehe im Inneren des Kindes. Es entwickle Fertigkeiten und dabei entwickle sich auch seine Persönlichkeit.
Die Faszination von Hand – Werk –Zeug
Das Arbeiten mit Holz stärke das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen der Kinder: »Weil wir ihnen vertrauen und die Verantwortung für die Arbeit mit echtem Werkzeug zutrauen, fühlen sie sich ermutigt und wertgeschätzt. Sie erledigen Arbeiten, die sie anfangs als schwierig empfinden und beharren auf anspruchsvolle Aufgaben. Sie sind stolz auf neu gelernte Fähigkeiten und ihre Werke. Häufig erkennen wir im Laufe der Zeit einen deutlichen Entwicklungsschub.«
Kinder hätten ein natürliches Verlangen, zu konstruieren, erzählt er mir weiter. Beim Bauen und Entdecken würden sie sehr viel lernen, z.B. wie Dinge funktionieren, oder dass sie die Welt um sich herum gestalten können. Diese Erfahrung – er nennt sie Selbstwirksamkeit
– übertrage sich unmittelbar auf andere Lern- und Lebensbereiche. Das Arbeiten mit Holz könne eine therapeutische Wirkung in einem sehr ganzheitlichen Sinne haben: Es verbinde das Kind mit einem bedeutsamen Element der Natur und mit seiner eigenen Natur: seinen Energien, Emotionen und Gedanken. Da er die Entwicklung einzelner Kinder verfolgt, kann er dazu in einigen Jahren sicherlich mehr sagen.
Sibylle Haas ist Diplom-Pädagogin, Kunsttherapeutin und systemische Beraterin. Sie hat sich intensiv mit Lernwerkstätten und Lerngeschichten beschäftigt, viele Jahre den fachlichen Austausch mit Kolleginnen aus Neuseeland gesucht und damit die neuseeländische Art Lerngeschichten zu schreiben in Deutschland bekannter gemacht.
Kontakt
Pete Moorhouse arbeitet seit 20 Jahren als Kunstpädagoge in Schulen, Kindergärten und in der Weiterbildung. Er bietet Schulungen, Workshops und Vorträge in Großbritannien und im Ausland an. Zur Zeit arbeitet er an der Park St Nursery School in St Werburgh, einer nationalen Ausbildungsstätte und an einem Forschungsprojekt an der Graduate School of Education der Universität Bristol.
Kontakt
www.irresistible-learning.co.uk
Den vollständigen Beitrag und weitere Artikel zum Thema können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 05-06/19 lesen.