Auf zu neuen Ufern
Raus aus dem Alltag! Rein ins Abenteuer! Grenzenlose Kreativität! Kinder stecken voll ungewohnter Ideen. In jedem Moment geht ihre Reise los oder weiter. Zu stets neuen Ufern. Ein Beitrag der Atelierista Barbara Moser über Mut und Neugierde, die auch vor Unbekanntem nicht Halt machen.
Ob SeefahrerIn, EntdeckerIn oder WelterforscherIn ... alle, die sich zu neuen Ufern aufmachen, haben etwas gemeinsam mit der fünfjährigen Norah, die im obersten Ast des Kirschbaums sitzt und vom Mast ihres Schiffs nach unentdeckten Welten Ausschau hält. Sie wissen, wie sich Glücksgefühle beim Überschreiten persönlicher Grenzen anfühlen.
Anders neu
Ob sich die auch im Alltag erleben lassen? Vielleicht indem wir morgens einfach mal mit dem anderen Fuß aufstehen? Zum Frühstück Müsli statt Gebäck essen? Das Fahrrad statt des Autos nehmen oder zu Fuß bei Wind und Schnee zur Arbeit laufen? Das hat vielleicht nicht viel mit Innovation zu tun, aber mit Flexibilität und Agilität – und die sind wichtige Voraussetzungen für Erneuerung. Als Kind fand ich genau den Weg, den Mama nicht mochte und den Papa verboten hatte, spannend. Proaktivität entsteht nicht aus den tagtäglich selben Gedanken und Erwartungen. Sie entsteht überhaupt nicht aus Gewohnheiten. Norah erkennt Meereswellen im Gras und Wasserungeheuer in den Pflanzen. Ideen werden relativ antizipativ auf ihre Verwirklichung hin überprüft – der Weg dahin ist zumeist innovativ, wenn auch nicht unbedacht: Norah kletterte proaktiv in den großen Kirschbaum, aber nicht unüberlegt. Ein Kind, das gewohnte Pfade verlässt, begeht keine unüberlegte Grenzüberschreitung. Im Gegenteil. Es schätzt sehr sensibel ab, was geht. Sein Aufbruch ist eine zielgerichtete Handlung und die für uns damit möglicherweise verbundene Störung eine Aufforderung, neue Antworten und Lösungen zu finden. Kinder sind unentbehrliche Changemanager. Sie lieben das Außergewöhnliche und haben keine Barrieren im Kopf.
Leos Seefahrt
Der dreijährige Leo stellt den weißen Hocker verkehrt herum, mit den Beinen nach oben, auf den Boden. Doch der Boden ist nicht der Boden! Der Hocker steht oder vielmehr liegt mitten in einer Wellenpracht aus unzähligen dunkel-, hell- und türkisblauen Tüchern und Textilien. Und er ist jetzt auch kein umgedrehter Hocker mehr. Leo setzt sich hinein und ruft »Los geht’s! Schiff ahoi! Ab ins blaue weite Meer!« Ob er ein Ziel hat? So oder so: Leo startet einfach los. Tobias eilt herbei und reicht ihm ein Paddel – zusammengeklebt aus einer Papprolle und einer alten CD. »Leo, wirst du jetzt dein Ziel erreichen? Mit dem Paddel in der Hand?« Sofie scheint davon nicht ganz überzeugt zu sein und wickelt einen bunten Stoffstreifen um einen Holzstab – dieses Segel ist bestimmt windtauglich und wird an eins der Schiffshockerbeine geklebt. »Finde deinen Weg Leo, raus aufs Meer!«
Barbara Moser ist Bildungswissenschaftlerin, Elementarpädagogin und Atelierleiterin. Die Aktivierung von Kreativ- und Innovativ-Potenzialen durch kreativ-künstlerische Atelierarbeit sind ihr zentrales Anliegen. Sie arbeitet und lebt in Linz und reiste als internationale Vertreterin des Reggio-Ansatzes von Kapstadt bis nach Luxemburg.
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Den vollständigen Beitrag und weitere Artikel zum Thema können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 11-12/2021 lesen.