Der Ruf nach einer geschlechtergerechten Pädagogik muss sich auch an die Spielzeugindustrie und an die Werbung richten. Warum es auf diesem Feld eine »Charta für eine vielfältige Darstellung von Spielzeug« braucht, berichtet die engagierte Politikerin Agnès Pannier-Runacher.
»Glaube nie, dass Schicksal mehr ist als die verdichtete Erfahrung der Kindheit«, schrieb Rainer Maria Rilke. Indem er die Kindheit zu einem wesentlichen Bestandteil des individuellen Schicksals machte, bekräftigte er ihre Bedeutung im Leben eines Menschen.
Seit ich im französischen Staatsministerium für Wirtschaft und Finanzen arbeite, engagiere ich mich gegen alle Arten der Fremdbestimmung und der Diskriminierung – auch gegen die Ungleichheit der Geschlechter. Die Vorurteile über das Geschlecht fangen an, wenn eine Frau schwanger ist; wenn die Leute mit ihr darüber sprechen, ob sie ein Mädchen oder einen Jungen erwartet. Weiter verstärkt werden sie in der Kindheit, v.a. in der Familie, in der Schule oder allgemeiner in den Narrativen und Bildern unserer Gesellschaft, in denen Männer immer noch eine dominante Position einnehmen.
Zum ersten Mal in der politischen Geschichte Frankreichs hat der Präsident, Emmanuel Macron, die Gleichstellung der Geschlechter zu einem Hauptanliegen seiner fünfjährigen Amtszeit erklärt. Die Regierung bemüht sich mit vielen Interventionen darum, diese Ungleichheiten abzubauen, wenn nicht gar zu beseitigen. Im Ministerium für Wirtschaft und Finanzen habe ich im März 2019 den »Rat für Geschlechtervielfalt in der Wirtschaft« gegründet. In seinem Gründungspapier ste- hen klare Ziele und konkrete Maßnahmen, besonders um junge Frauen für wissenschaftliche, technische und ökonomische Berufe zu begeistern. Weil dazu auch gehört, den Vorurteilen entgegenzutreten, die Frauen von diesen Berufen fernhalten, haben wir die »Charta für eine vielfältige Darstellung von Spielzeug« ins Leben gerufen.
Vielfalt als Leistungsmotor
Die Charta befasst sich mit den ersten Lebensjahren von Mädchen und Jungen. Sie zielt darauf ab, die Stereotypen zu bekämpfen, die kleine Kinder schon früh konditionieren und ihnen Einstellungen und Verhaltensweisen nahelegen, die vielleicht gar nicht ihren wahren Eigenschaften entsprechen. Das bildet einen früh ansetzenden und daher sehr wirkungs- vollen Hebel, um die Vielfalt der Geschlechter zu verwirklichen.
Besonders in wirtschaftlicher Hinsicht ist echte Gleichstellung unerlässlich. Frankreich ist seit jeher ein Pionierland, dessen Kampf für die Gleichstellung von aller Welt beobachtet wird. Dieses Engagement wollen wir für unser Land und für die ganze Welt weiterführen. Geschlechtervielfalt ist ein wichtiger Leistungsmotor für unsere Unternehmen und unsere Wirtschaft – das zeigen wissenschaftliche Studien über die hervorragenden Leistungen gemischtgeschlechtlicher Teams.
Agnès Pannier-Runacher ist eine französische Unternehmerin und Politikerin. Seit 2020 ist sie beigeordnete Ministerin für Wirtschaft und Finanzen.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe KINDER in Europa heute 04/22 lesen.