Seit langer Zeit haben wir in unserer Einrichtung ein Problem: die Harmonia axyridis-Plage.
Der asiatische Verwandte des heimischen Marienkäfers verbreitet nicht viel Freude. Obwohl der Kammerjäger sich des Problems schon annahm, obwohl wir großen Käfer-Mengen mit dem Handfeger zu Leibe rückten – in der Luft vor unserem Kinderhaus schwirrten gefühlte 1.000 Käfer. Doch die Kinder störten weder die Menge noch der unangenehme Geruch, den die Käfer verströmten. Ganz im Gegenteil. Für sie waren die Käfer ein stetiger Quell der Freude und eine Bastelinspiration.
In der Schreibwerkstatt und im Atelier entstanden Häuser aus Papier, Wohnungen und Zimmer, Taschen und kleine Beutel, in denen die Tiere ein gemütliches Zuhause finden sollten.
Die Kinder kümmerten sich rührend um die Tierchen, sammelten sie ein, setzten sie ins Grüne und bauten weiter an den Häusern.
Das Atelier verwandelte sich in eine »Marienkäfer-Station«. Hier war der richtige Platz, um stabile Behausungen zu bauen. Dabei konnten die Kinder unterschiedlichstes Material nutzen und verschiedenste Techniken anwenden.
Zuvor hatten wir gemeinsam in Lexika nachgeschlagen, welchen Lebensraum die Käfer bevorzugen, was für Futter sie brauchen und bei welchen Temperaturen sie sich wohl fühlen. Aus ihren Beobachtungen des Käferlebens steuerten die Kinder eigene Informationen bei. So entstand eine lange Liste von Bedürfnissen der Marienkäfer, die in die Architektur der Häuser einflossen. Zum Beispiel:
»Die Käfer fliegen immer in der Son-ne und an der warmen Scheibe. Sie mögen es bestimmt warm.«
»Und hell, sonst könnten sie einfach an der Heizung sitzen.«
»Aber auch lustig, weil sie gern draußen auf der Wiese sind.«
»Und sie lieben Blumen zum Schnuppern.«
»Wenn sie Licht haben wollen, muss man Fenster in die Wände schneiden.«
»Und ihnen eine Sonne geben. Aber das wird sehr heiß. Dann verbrennen sie sich.«
»Da nehmen wir eine Wärmelampe. So eine hatte meine Oma mal für das Gesicht.«
»Und immer brauchen sie Essen.«
»Ja, wie im Restaurant. Dann kriegen sie immer was, wenn sie Hunger haben.«
Bevor die Kinder mit dem Bau der Häuser begannen, musste geplant werden. Skizzen der Räume und der Möblierung entstanden. Einige Kinder nutzten ein Modell aus Papier, andere ließen sich durch das Material inspirieren.
Da sich alle Kinder entschieden, die Häuser aus Kartonage zu bauen, muss-ten die Wände stabilisiert werden. Mit Kreppklebeband oder Panzerband fixierte Verbindungen waren auf die Dauer nicht haltbar genug, denn die Häuser wurden beim Spielen herumgetragen.
Im Atelier entdeckten die Kinder einen Drachen aus Pappmaché, dessen Korpus auch aus Kartonage bestand. Weil er schon mal Teil einer Murmelbahn war, wussten sie, dass er einiges aushält, und kamen auf die Idee, die gleiche Technik für die Häuser zu nutzen.
Die Kombination von Pappmaché mit farbigem Seidenpapier ermöglichte es, die Häuser dekorativ zu gestalten. Ursprünglich wollten die Kinder die Kartonage bemalen, doch nun konnten sie beides verbinden: Stabilität und Dekoration.
In einem Buch über Häuserbau fanden wir einen Ablaufplan der Schritte, die zur Fertigstellung eines Gebäudes führen. Im Fall der Kartonhäuser mussten wir sie jedoch umgruppieren. Wir mussten mit dem Tapetenkleister beginnen, denn die Kartons wurden komplett eingekleistert und verbogen sich beim Trocknen ein wenig. Daher war es sinnvoll, erst an die Inneneinrichtungen zu gehen, wenn die Grundmauern getrocknet sind und sich nicht mehr verändern.
Als Bodenbelag diente Teppich. Um ihn passend zuschneiden zu können, stellte Paula eine Schnittvorlage aus Papier her. Damit sie sich erinnern konnte, welcher Zuschnitt in welches Zimmer passt, zeichnete sie die Fensterfront des einen Zimmers auf.
Aus Skizzen, Vorlagen und Modellen entstanden durchdachte »Villen« mit Zimmern, Gärten und Wohlfühloasen.
Kontakt
Haus für Kinder am Hirzberg
Leitung: Maria Matzenmiller
Karthäuserstr. 105
79104 Freiburg i. B.
Tel.: 0761/201-3808