Was Sie schon immer über Offene Arbeit wissen wollten – Teil 10
In Heft 8-9/10 startete eine Serie mit Fragen und Antworten zur Offenen Arbeit – eingesammelt in Kindertages-einrichtungen, bei diversen Veranstaltungen und beantwortet von Gerlinde Lill. Hier kommt der letzte Teil – ein Blick auf Zukunftschancen.
Werden Kinder in der Offenen Arbeit genügend gefördert?
Eine häufig gestellte Frage. Sie wirft sofort die nächste Frage auf: Was ist mit fördern gemeint?
Gerald Hüther rät Eltern: »Wenn Sie ein intelligentes Kind haben wollen, hören sie auf, es zu fördern.« Dabei hat er den wachsenden Förderwahn im Blick: Englischkurse für Dreijährige, Power-Yoga und musikalische Früherziehung, Geigenunterricht und Reiten, sobald die Kinder ein Instrument in der Hand und sich auf dem Pferd halten können.
Es sind die sogenannten bildungsnahen Familien, die ihren Kindern alle nur denkbaren Angebote zukommen lassen. Die anderen, gern »bildungsfern« genannt, können sich das kaum leisten. Sie hoffen auf Förderung in Kita und Schule, damit ihre Kinder eine erfolgreiche Schulkarriere hinlegen.
Ob mit »Migrationshintergrund« oder ohne – alles, was als Fördermaßnahme daherkommt, wird begrüßt. Vor allem im Bereich der Sprachentwicklung, selbst wenn sie im Gefolge von Sprachstandsfeststellungsverfahren Elemente von Stigmatisierung enthält. Hauptsache, das Kind wird gezielt bearbeitet. Das allein beruhigt.
All diese Eltern tun das in bester Absicht und aus Sorge um die Zukunft ihrer Kinder, wollen das Beste für sie. Und das Beste scheint gezielte Förderung durch Pädagogen oder andere Experten zu sein. Immer mit Blick auf Schulerfolge. Denn eine gute Schulbildung gilt als Garant für ein gutes Leben.
Ängste und Hoffnungen von Eltern sind verständlich. Statistik und Lebenserfahrungen zeigen: Wer durch alle schulischen Raster fällt, ist besonders in Gefahr, ohne Ausbildung und Job zu bleiben. Doch stimmt der Umkehrschluss? Ein höherer Schulabschluss öffnet alle Türen? Ich fürchte, so schlicht ist es nicht.
Weder Abitur noch Studium oder eine qualifizierte Ausbildung garantieren sichere Arbeitsplätze und ein Existenz sicherndes Einkommen. Prekäre Arbeitsverhältnisse sind auch für Hochschulabsolventen eher die Regel als die Ausnahme. Die »Generation Praktikum« ist mittlerweile sprichwörtlich. Zeitverträge und unterbezahlte Übergangsjobs sind ebenso umkämpft, wie Drittmittel für Forschungsprojekte. Was ein paar Jahrzehnte lang für Kinder aus weniger begüterten Familien möglich schien – der Aufstieg im Wissenschaftsbetrieb –, ist heute wie ein Sechser im Lotto. In den Unis wird der »Mittelbau« demontiert, und damit schwinden die Chancen. Wer nicht von Hause aus über ein finanzielles Polster und Beziehungen verfügt, hat es nach dem Studium genauso schwer wie vorher. Angesichts der Verkürzung und Verschulung von Studiengängen ist es hart, nebenbei Geld zu verdienen. Und es bleibt hart.
Schon jetzt bricht soziale Sicherheit für breite Teile der Bevölkerung weg. Zu den »working poor« – arm trotz Arbeit – gehören seit den 1990er Jahren immer mehr Menschen, Kanzler Schröder sei Dank. Auch die viel gerühmte Selbstständigkeit entpuppt sich häufig als Notlösung und ist nur um den Preis der Selbstausbeutung zu ha-ben. Wohin die aktuelle Finanzmarktkrise führen wird, mag ich mir gar nicht ausmalen.
Noch ist Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern weniger betroffen.
In Spanien zum Beispiel sind mittlerweile 40 Prozent der jungen Menschen zwischen 17 und 24 Jahren ohne Job. Egal, welchen Schul- oder Hochschulabschluss sie vorweisen können.
Perspektivlosigkeit breitet sich überall aus. Globalisierung der anderen Art. Auch deswegen formiert sich länderübergreifend breiter Widerstand.
Was hat das alles mit Offener Arbeit zu tun?
Mit dem Blick auf die Gegenwart und die unsichere Zukunft stellt sich die Frage nach der Förderung unserer Kinder und der Aufgabe von Kitas neu.
Womit müssen wir in Zukunft rechnen? Und was bedeutet das für unsere Kinder?
Die klassische Berufslaufbahn, mit der Rentenberechnungen kalkulieren – 40 bis 45 Jahre Lebensarbeitszeit mit festen Arbeitsverhältnissen und kontinuierlichen Sozialbeiträgen –, wird künftig die Ausnahme bleiben. Es ist wahrscheinlich, dass unsere Kinder zwischen verschiedenen Jobs und Berufen wechseln, dass sie immer wieder neue Kompetenzen erwerben und dennoch Phasen der Arbeitslosigkeit durchstehen müssen. Auch als Hochqualifizierte.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 11-12/11 lesen.