Räume für Kinder gestalten
Jeder kennt das angenehme Gefühl, in einen Raum einzutreten und sich sofort eingeladen und wohl zu fühlen. Umgekehrt fühlen wir uns in manchen Räumen einfach unwohl. Auch vielen Kita-Räumen würde eine Um- und Neugestaltung guttun. Stefanie Reddmann beschreibt, wie ungünstig eingerichtete und vollgestellte Räume in gemütliche und fantasieanregende Orte verwandelt werden können.
Vor etwa zehn Jahren besuchte ich als frisch gebackene Kita-Fachberaterin verschiedene Kindertagesstätten, um die KollegInnen, die Kinder und ihre Räumlichkeiten besser kennen zu lernen. Nach diesen Besuchen fragte ich mich immer wieder, warum ich mich so ermattet fühlte. Ich wunderte mich über meine Schwierigkeiten, das Wahrgenommene in Worte zu fassen. Im Laufe der Zeit wurde mir immer klarer, dass dieses persönliche Erleben etwas mit den Räumlichkeiten in den Kitas und deren Gestaltung zu tun hatte. Vor allem meine Augen und Ohren mussten zu viele Eindrücke gleichzeitig verarbeiten.
Diese Erfahrungen bewegten mich so sehr, dass ich mich auf die Suche nach weiteren Antworten begab. In vielen Veröffentlichungen zum Thema Raumgestaltung in der Kita wurde ich fündig: Ich erfuhr, dass eine Reizüberflutung sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen zu Kopfschmerzen, Unwohlsein, Wutausbrüchen, Rückzug und Hörbeeinträchtigungen bis hin zu Hörschäden führen kann. So wurde mir bewusst, dass Kinder und KollegInnen tagtäglich verschiedensten visuellen und akustischen Überreizungen ausgesetzt sind.
Wie Räume wirken
Räume können unsere Gefühle beeinflussen und indirekt auf unser Verhalten wirken. Sie erregen oder beruhigen uns. Vor allem aber können sie die emotionale und soziale Entwicklung von Kindern beeinträchtigen oder voranbringen. Deshalb fing ich an zu fragen, wie ungünstige Raumsituationen im Kindergarten mit einfachen Mitteln verbessert werden können, und begann, gemeinsam mit KollegInnen in verschiedenen Kitas zu experimentieren. Für mich ist inzwischen klar, dass jeder Raum einen eigenen Charakter besitzt. Er setzt sich u.a. aus raumbildenden Elementen wie Licht, Farben und Akustik, den baulichen Besonderheiten und Raumöffnungen zusammen. Dieser Charakter bestimmt die Atmosphäre eines Raums. Es gilt, ihn genau wahrzunehmen, um die geeigneten Funktionen und die angemessene Gestaltung für den jeweiligen Kita-Raum zu finden. Dabei ist es wichtig, die Grundbedürfnisse von Kindern nach Bewegung, kreativem Gestalten, Rollenspiel, Bauen, Ruhe, Alleinsein und Zusammensein im Blick zu behalten.
Kita-Räume sind mehr als Wände, Decke und Boden. Sie sind Orte, an denen sich Kinder wie Erwachsene wohlfühlen sollen. In den Prozessen der Um- und Neugestaltung von Kita-Räumen hat sich eine Vorgehensweise in vier Schritten bewährt. Diesen Weg zu einer gelungenen Raumgestaltung möchte ich hier genauer beschreiben.
Schritt 1: Die Atmosphäre des Raumes aufnehmen
Einen wertvollen Eindruck der Raumsituation erhält man durch das Auswählen persönlicher Lieblingsorte in der Kita – ohne die Kinder. Dafür durchstreifen die KollegInnen mit nachfolgenden Fragestellungen die Räumlichkeiten der Kita und verweilen ganz für sich an den Orten, wo sie sich wohlfühlen. Was genau ist es, was mich an bestimmten Orten anspricht und in mir ein angenehmes Gefühl entstehen lässt? Sind es bestimmte Farben, Formen, Materialien, Gerüche, Sitzhöhen, Lichtverhältnisse, Ausblicke? Schon nach wenigen Minuten des Spürens wird das klarer.
Im Austausch darüber entsteht sehr schnell ein Bild davon, an welchen Stellen das Haus sehr gut gestaltet ist und wo Optimierungsbedarf besteht. Raumbildende Elemente sind:
• Raumgrenzen: Wand, Boden, Decke, Balken, …
• Raumübergänge: Tür, Fenster, …
• Licht: Tageslicht, künstliches Licht, Schatten, …
• Farben: Wandfarben, Farben am Mobiliar, am Boden, …
• Mobiliar: Tische, Stühle, Schränke, …
• Materialien: Spielmittel, Spielzeug, Bücher, kreative Materialien, Instrumente, Werkzeuge, …
• Klima: Temperatur und Geruch.
Weniger sichtbar und wahrnehmbar werden in diesem ersten Analyseschritt die raumbildenden Elemente »Akustik« (Schallentwicklung) und »Menschen« (Anzahl der Personen, die sich im am Tag im Raum aufhalten). Diese spielen eine ganz wesentliche Rolle für die Raumsituation. Meist genügt es aber, diese Punkte aus der Erinnerung zu betrachten.
Stefanie Reddmann ist Dipl.-Motologin und Grundschulpädagogin. Sie arbeitet als selbstständige Referentin und Dozentin und ist u.a. als Fachberaterin für Kindertagesstätten tätig.
Kontakt
Den vollständigen Beitrag und weitere Artikel zum Thema können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 05-06/2020 lesen.